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Wohnbaugenossenschaften halfen gegen die Wohnungsnot

Es war eigentlich überall in allen Industrieländern Europas dasselbe: Die Fabriken wuchsen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Industrie brauchte Arbeitskräfte, warb sie von überall her an, besonders in ländlichen Regionen – und nur die wenigsten Unternehmer waren so schlau, ihren Arbeitern auch genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis: eine weit verbreitete Wohnungsnot. Angebot und Nachfrage kamen nicht überein.

Dadurch wurden Wohnungen sehr teuer, waren durch Untervermietung stets überbelegt und auch hygienisch in einem desolaten Zustand. Eine Regulierung des Wohnungsmarktes, wie heute zum Beispiel über den Mietspiegel, gab es nicht, es wurde spekuliert und so dicht bebaut, dass sich an der Wohnsituation der Arbeiter eher noch verschlimmerte.   

„Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“

Da half nur Eigeninitiative. Eine Idee kam aus England. Vereine sammelten Geld, um Wohnraum zu schaffen, der erstens gesund war und nicht zu teuer.

Der deutsche Reformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen formulierte es so: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“. Zu Beginn der Bewegung allerdings war das deutsche Genossenschaftsrecht so gestaltet, dass das Risiko für alle, die bauen wollten, zu hoch war, es konnten nur Genossenschaften mit unbegrenzter Haftung gegründet werden. Das änderte sich dann erst zum Ende des 19. Jahrhunderts. Danach stieg die Zahl der Wohnbaugenossenschaften steil an. Zudem gab es für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft von da an die Möglichkeit, zinsgünstige Kredite zu bekommen.

Nicht alle Genossenschaften waren für jeden offen

Dabei war die „Szene“ bunt: Es gab sozialreformerische Genossenschaften, das waren weniger Selbsthilfeorganisationen der wohnungssuchenden Arbeiter, als Projekte bürgerlicher Sozialreformer, die durch das Angebot guten und selbstbestimmten Wohnens auch erzieherische Effekte auf die „kleinen Leute“ erreichen sollten. Dann gab es so genannte „Beamtenwohnungsvereine“, die nur bestimmten Berufsgruppen Zugang gewährten – wie Eisenbahner-Genossenschaften. Die wurden staatlich besonders gefördert – und konnten sich auch bessere Lagen innerhalb der Städte leisten.

Erst die Selbsthilfe-Genossenschaften taten wirklich etwas für die kleinen Leute: Außerhalb der Innenstädte, auf günstigem Baugrund, entstanden ab den 1890er Jahren erste Genossenschaften in echter Selbsthilfe von Handwerkern, Facharbeitern und kleinen Unternehmern. Sie entwickelten in mühsamen Schritten erste Siedlungen, die oft eher ländlichen Charakter hatten. Die Bochumer Straße „Selbsthilfeweg“ in Wiemelhausen zeugt davon. 

Erst in den 50ern wieder Neubauten

Nach dem ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Wohnbaugenossenschaften noch einmal an. Auch die Gewerkschaften gründeten und bauten jetzt. 

Der Boom hielt nicht lang: Die Nazis beendeten die Vielfalt der häufig der Arbeiterbewegung nahestehenden Genossenschaften, das Selbstbestimmungsrecht wurde aufgehoben. Der Zweite Weltkrieg zerstörte dann vieles, was vorher aufgebaut worden war, auch physisch.

Es dauerte bis in die 50er Jahre, bis wieder Neubauten entstanden. Der Staat legte Wohnungsbauprogramme auf, die Genossenschaften zogen mit, auch bei den Großsiedlungsprojekten. 

In Bochum gibt es im Moment noch etwas über zehn Wohnungsbaugenossenschaften. Einer ist der gemeinnützige Wohnungsverein zu Bochum eG, der in diesem Jahr sein 120-jähriges bestehen feierte – und der eigentlich als Beamtenwohnungsverein gegründet wurde. Und der schon im Jahre 1920 beschloss, sich auch anderen Berufsgruppen zu öffnen. Das war damals keine Selbstverständlichkeit, andere Beamtenwohnungsvereine schafften diesen Schritt erst im 21. Jahrhundert.

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