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VfL-Sportvorstand
Dirk Dufner im Interview

„Hecking sorgt für extrem positive Stimmung“

Dirk Dufner gibt als Geschäftsführer seit April die sportliche Richtung vor beim VfL Bochum. Mit hallobo hat der 57-Jährige über seine ersten Eindrücke von der Castroper Straße und den Umbruch zur neuen Saison gesprochen. Viel Lob gibt es für Trainer Dieter Hecking und die jungen Spieler, deutliche Kritik am späten Transferschluss. 

Dirk Dufner, der VfL Bochum ist Ihre erste Funktionärsstation im Fußball-Westen. Wie ist Ihr Eindruck nach den ersten Monaten?

Hier im Westen gibt es die speziellste Art in Deutschland, den Fußball in den Alltag zu integrieren. Es macht unheimlich viel Spaß, wie eine ganze Stadt hier mit einem Verein mitfiebert. Und im Vergleich zu Schalke und Dortmund ist es tatsächlich ein sehr familiärer Klub. Das merke ich auch bei vielen Mitarbeitern, wie sehr sie an diesem Verein hängen und diesen Verein leben. Fans und Mitarbeiter sind sehr verwurzelt mit diesem Verein. Das habe ich so noch nirgendwo erlebt.

Spieler und Trainer sind sogar beim Abstieg gefeiert worden, es herrscht Aufbruchstimmung – ein zusätzlicher Motivationsschub?

Ich werde hoffentlich keinen Abstieg mehr erleben – aber so einen bestimmt nie wieder. Das war beeindruckend. Wir starten jetzt mit einem Vertrauensvorsprung, dem wir gerecht werden wollen. Was aber alles andere als ein Selbstläufer ist. Ich spüre daher eher die Verantwortung, mit dieser positiven Reaktion umzugehen, verbunden mit dem intensiven Wunsch der Fans nach dem Wiederaufstieg.

Sie haben versucht, den Verein neu aufzustellen. Es gab einen Umbruch nicht nur im Kader, sondern auch in der Struktur.

Den Verein werde ich sicher nicht neu aufstellen, aber meinem Verantwortungsbereich gerecht werden. Im Nachwuchsleistungszentrum wird sehr gute Arbeit geleistet, was man an unseren Talenten sieht. Aber da hat ein klarer Chef gefehlt, in Pablo Thiam haben wir dafür einen Top-Experten verpflichten können. Wir wollen im Übergangsbereich klar besser werden, weil wir unsere guten Talente idealerweise auch in unseren Profikader integrieren wollen. Im Scoutingbereich hat sich auch deutlich herauskristallisiert, dass wir etwas machen müssen. Da haben wir mit Babacar Wane auch einen Topmann dazubekommen. Wir werden jetzt kontinuierlich die Strukturen verbessern. Das ist ein längerer Prozess. Dazu haben wir mit Johannes Waigand in meinem unmittelbaren Umfeld noch jemanden, der mit mir gemeinsam die ganzen Dinge bearbeitet. 

Haben Sie das Scouting ähnlich kritisch gesehen wie der Trainer? Dieter Hecking hat sich dazu deutlich geäußert.

Ich hätte es in dieser Form eher nicht so gemacht wie er, aber da ist ihm wohl eine Laus über die Leber gelaufen und dann hat ihn jemand im falschen Moment erwischt. (lacht) Ich sehe aber auf jeden Fall auch dringenden Veränderungs- und Handlungsbedarf im Scouting.

Warum ist Dieter Hecking genau der richtige Trainer für den VfL?

Er ist ein absoluter Experte, sehr erfahren und dabei immer authentisch. Unsere Zusammenarbeit ist konstruktiv, weil sehr offen, ehrlich und arbeitsintensiv. Wir sehen uns täglich. Das macht aus meiner Sicht eine sehr gute Zusammenarbeit aus. Und als Typ mag ich ihn eh. Dieter Hecking passt toll zum VfL. Er fühlt sich hier auch unheimlich wohl. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass er in Castrop geboren ist und genetisch bedingt hier nun die Blüte seines Lebens erlebt. (lacht)

Warum passt Hecking inhaltlich gerade jetzt so gut zum VfL? 

Wir haben einen riesigen Umbruch und eine sehr junge Mannschaft. Da brauchst du einen erfahrenen Trainer, der mit Eventualitäten gut umgehen kann, der die Mannschaft top einstellen und motivieren kann. Und der – das muss man hervorheben – sowohl im Staff als auch in der Mannschaft für eine extrem positive Stimmung sorgt. Dafür ist ein Trainer nicht allein zuständig, aber er hat eine gewisse Richtlinienkompetenz. Und wir haben im Trainingslager gesehen, wie positiv und auch leistungsbereit die Atmosphäre ist.

Sie haben die junge Mannschaft angesprochen. Brauchte es deswegen noch so einen erfahrenen Spieler wie Kevin Vogt?

Hundertprozentig! Du kannst total talentierte Jungs haben, aber wenn du keine Leitplanken hast, an denen sie sich orientieren können, dann wird es schwer. Das hilft den Jungs ungemein. Ich denke, es ist uns eine gute Mischung aus erfahren und jung und wild gelungen. 

Dass es für Kevin Vogt auch noch eine Rückkehr in die Heimat ist, ist eher etwas für Fußballromantiker?

Nein, das war schon ganz bewusst. Wenn ich mir einen Neuzugang hätte backen können, wäre Kevin Vogt dabei herausgekommen. Er bringt all das mit, was wir gesucht haben. Er ist fußballerisch ein klarer Mehrwert für uns, hat Tempo und Übersicht, kann als Abwehrspieler auch die Spielereröffnung übernehmen. Er ist erfahren, er kommt von hier, wollte unbedingt zurück, hat deshalb auch finanzielle Abstriche gemacht. Und er will jetzt vor seiner Familie bestimmt nicht schlecht spielen. (lacht) 

Wer sollen die anderen Leitplanken im Team sein?

Matuš Bero ist zum Kapitän gewählt worden. Wenn er bleibt, wovon ich jetzt ausgehe, wird er ein klarer Führungsspieler. Philipp Hofmann ist ein Führungsspieler, auch Maxi Wittek. Wir haben mit Philipp Strompf jemanden dazubekommen, der das werden kann. Gerrit Holtmann käme auch in Frage, wenn er diese Rolle so annehmen will. Wir haben genügend erfahrene Spieler, wie auch Timo Horn als Vize-Kapitän. 

Wer von den Neuzugängen hat Sie am meisten begeistert oder überrascht? 

Da will ich mich gar nicht festlegen. Wer mir Freude macht, ist Mathis Clairicia, der aus der dritten französischen Liga kommt. Er gibt immer Vollgas. Unsere eigenen Jungen machen mir natürlich auch sehr viel Spaß, allen voran Cajetan Lenz. Er hat es geschafft, erstmal im Kader zu bleiben, was so gar nicht vorgesehen war. Der Übergang in den Herrenbereich ist immer ein bisschen unberechenbar. Er wird auch Leistungsschwankungen unterliegen, aber bislang macht er es nahezu fehlerlos. Es macht mir immer sehr viel Freude, wenn sich ein Spieler durchsetzt, mit dem man so schnell noch nicht gerechnet hat. Dass Kacper Koscierski eine gute Rolle spielen wird, war uns klar. Aber auch die anderen Jungen haben überzeugt, keiner ist im Trainingslager abgefallen. Da haben wir richtig Potenzial in der Hinterhand. 

Das Transferfenster ist noch bis zum 1. September geöffnet.

Das ist furchtbar. Ein Spieler spielt drei Spiele bei dir und das vierte Spiel spielt er dann gegen dich? Das macht keinen Sinn. Diese Ungewissheit bis zum Ende der Transferperiode ist immer ein Problem. Es ist uns gelungen, bis zum Trainingslager praktisch den Kader zusammen zu haben. Das war richtig gut. Ein Problem ist es, wenn es dann noch zwei, drei Spieler gibt, die den Verein bei einem vernünftigen Angebot verlassen wollen. Darauf musst du reagieren und das bringt alles wieder ein Stück weit durcheinander. Wenn ein Angebot erst ganz kurz vor Ende des Transferfensters kommt, müssen wir das abwägen. Aber wir haben natürlich auch finanzielle Zwänge, wie wahrscheinlich jeder in der Zweiten Liga.

Aber bei einem Abgang wollen Sie auf jeden Fall auch auf dem Transfermarkt aktiv werden?

Für eine gute Lösung mit Qualität ginge es dann wohl um eine Leihe. Generell glaube ich schon, dass sich da noch ein paar Lücken auftun werden auf dem Transfermarkt. Wenn es losgeht mit Bundesligavorbereitung und Trainingslagern, dann wird der eine oder andere Spieler merken, dass seine Chancen vielleicht nicht ideal sind. Dann kommt auch mal jemand auf den Markt, den man sonst vielleicht nicht bekommen könnte. 

Das Interview führte Dietmar Nolte

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