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Kinder hatten Marterpfahl
und Geheimsprache

HistoBO: Die Gerther „Totenkopfbande“

Straßenbanden. Das klingt nach New York oder so, nach Chicago, Al Capone und dem organisierten Verbrechen.

Straßenbanden hat es aber auch in Bochum gegeben. Mit dem organisierten Verbrechen oder überhaupt mit Verbrechen hatten die allerdings rein gar nichts zu tun. 

Kinder und Jugendliche waren es, die sich in den 50er Jahren zusammentaten, um sich den Widrigkeiten des Lebens zu stellen – oder den Jungs und Mädchen aus dem anderen Viertel. Es waren andere Zeiten, die Wohnungen waren eng, alle Kinder spielten draußen.

Gerther Autor hat Totenkopfbande verewigt

Der Autor Reinhard Bottländer hat so eine Geschichte in seinem Jugendbuch „Das Ass der Rasselbande“ erzählt. Bottländer stammt aus Gerthe und wohnte an der Straße Am Knick. Die Kinder der Siedlung gründeten die „Totenkopfbande“ und kämpften fortan um ihr „Dreieck anne Bahne“.

Sie gaben sich eigene Namen, hatten eine eigene Geheimschrift und sogar eine eigene Sprache. Aus Reinhard wurde Zoga, Friedhelm nannte sich Osche, Peter Ziddo und Wolfgang hieß bei ihnen Arab. Auch eigene Bandenlieder gab es. Die waren meist lustig gemeint: „Was hab´n wir für `nen Schutzmann bei uns in Gerthe hier. Der Schutzmann klettert über´n Zaun und hilft den Kindern Äpfel klaun, oho, oho, bei uns in Gerthe hier.“ 

„Ihr Abenteuerspielplatz war der Bahndamm und das sogenannte Dreieck, eine Mulde auf der Weide, die zwischen dem Bahndamm und dem jetzigen Dieckmannsfeld verwildert war. Dort war ihr Treffpunkt, dort stand ihr Marterpfahl. Dort wurden alle Feinde und Eindringlinge angebunden und ausgefragt“, schreibt Bottländer.

Zu Hause wurde nicht alles erzählt

Das Dreieck war für andere Kinder verbotenes Gebiet und wurde verteidigt. Die Gerther „Totenkopfbande“ fertigte sogar „Waffen“. Nägel wurden auf Bahnschienen gelegt, plattgefahren und wurden so zu Pfeilspitzen. Die Ziele: Baumstämme und Stalltüren. 

Der Gerther Klaus-Dieter Gesk, heute im Geschichtskreis Gerthe tätig, erinnert sich: „Eines Tages war ich allein am Bahndamm unterwegs und wurde von der Totenkopfbande gefangen genommen. Sie banden mich an ihren Marterpfahl und hielten mich dort einige Stunden fest. Sie tanzten um mich herum und sangen ihre Lieder und redeten in einer Sprache, die ich nicht verstand.“

Die Eltern damals wussten ihre Kinder in den Gruppen gut aufgehoben, so Gesk. Meistens passierte auch nichts Schlimmes – und alles wurde eben auch zu Hause nicht erzählt. Zum Abendessen waren alle wieder zu Hause. Klingt nach einer glücklichen Kindheit, damals in Gerthe.

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