Bezirksvertretung nicht informiert
Betreiber des Flüchtlingsheims am Rosenberg in der Kritik
Der britische Mischkonzern Serco arbeitet nicht nur eng mit dem Militär verschiedenster Staaten zusammen. Er macht jetzt auch auf Sozial.
Ende letzten Jahres hat er die Firma ORS übernommen, die Flüchtlingsheime betreibt. In Berlin war zuletzt ein Flüchtling in einem Heim der Firma ums Leben gekommen, die Leiche wurde innerhalb der Einrichtung erst nach Tagen entdeckt, die Ermittlungen laufen.
Gleichzeitig hat Serco aber auch für 40 Millionen Euro die Essener Firma European Homecare (EHC) gekauft. Das Geschäftsfeld ist das gleiche. Die Essener betreiben neuerdings auch das Flüchtlingsheim am Nordbad am Rosenberg.
Skandal um Misshandlungen
Die Firma war vor rund zehn Jahren in einen der größten Skandale rund um Flüchtlingsheime verwickelt. Rechtsextreme waren als Wachleute engagiert, ein Heimleiter in Burbach soll eine Bewohnerin vergewaltigt haben, andere Bewohner wurden erniedrigt, geschlagen, misshandelt, gedeckt von der Heimleitung. Ab 2018 folgte ein Mammutprozess gegen dreißig Beschuldigte, Ermittler sprachen von Bildern wie in Guantanamo.
Doch zurück an den Rosenberg: 450 Menschen können dort untergebracht werden, die Unterbringungseinrichtung besteht seit 2016.
Bezirksvertretung bereitet Beschwerde vor
„In unserer Arbeit steht das Wohlergehen der Flüchtlinge im Fokus. Derzeit unterstützen wir über 55.000 Asylsuchende und Flüchtlinge in Deutschland“, schreibt das Unternehmen. Aber ist das wirklich so? Zahlen für Bochum mag European Homecare nicht nennen und schreibt auf eine Anfrage des Hallobo-Magazins „dass wir hinsichtlich der von uns im Auftrag öffentlicher Stellen betriebenen Unterkunftseinrichtungen, vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.“ Noch nicht einmal die einfache Frage, wie viele Einrichtungen in Bochum betreut werden, konnte beantwortet werden.
Über den Betreiberwechsel von der AWO zu EHC wurde die Bezirksvertretung Nord von der Stadt Bochum nicht informiert. „Das kann man so nicht machen, wir bereiten auch eine offizielle Beschwerde vor“, sagte uns Bezirksbürgermeister Heinrich Donner, „wir hätten auch versucht, das zu verhindern.“ Der Bezirksvertretung sei aber bereits schriftlich zugesichert worden, dass der Spuk im Jahr 2027 insgesamt vorbei sei. Dann werde es dort keine Flüchtlingseinrichtung mehr geben. Am 24.9. (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) sollte dazu in der Bezirksvertretung beraten werden.
Kritik von den Wohlfahrtsverbänden
Konkurrenten der European Homecare, die wegen ihrer günstigen Preise öffentliche Ausschreibungen gewinnt, kritisieren die Essener Firma seit Jahren wegen der schlecht ausgebildeten Mitarbeiter, der niedrigen Qualität ihrer Leistungen und der schlechten Bezahlung. Meist sind die Kritiker Wohlfahrtsverbände, wie die Caritas, die Diakonie oder die AWO, die bei Ausschreibungen nicht mehr mithalten können.
Der Konzern sieht das naturgemäß ganz anders: „Als werteorientiertes Unternehmen setzt sich Serco dafür ein, die Schwächsten in der Gesellschaft zu unterstützen, insbesondere auch im Migrationsbereich. Das Wohlergehen, die Würde und die Sicherheit der Menschen, die uns anvertraut werden, bleiben unsere oberste Priorität“, heißt es salbungsvoll in einer Pressemitteilung zu den Vorwürfen, Serco sei auch in Waffengeschäfte verwickelt.
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