Leichtathletik TV 01
Erik Balnuweit: Hürdensprinter des TV Wattenscheid 01 ist Staffel-Weltmeister
Medaillen hat er gesammelt wie andere Leute Briefmarken oder Corona-Schutzmasken. Nur auf internationalem Parkett ist er bislang bestenfalls daran vorbeigeschrammt. Bis jetzt, bis zum 1. Mai 2021. Da holte der Wattenscheider Hürdensprinter Erik Balnuweit bei der Staffel-Weltmeisterschaft im schlesischen Chorzów Gold für Deutschland.
Mit dem Sieg nicht gerechnet
Diese Disziplin muss man erklären, denn bei den klassischen Leichtathletik-Meisterschaften wird der Fernsehzuschauer sie vergeblich suchen, diese Staffel im „Mixed Shuttle“ über die Hürden. Und das geht dann so: zwei Frauen, zwei Männer, kein Staffelstab – und das wird nicht auf der Rundbahn absolviert, sondern auf der 100-Meter-Bahn. Die Zeit von 56,53 Sekunden brachte dem deutschen Quartett einen Sieg vor Polen und Kenia plus vier Goldmedaillen. Und mittendrin: Wattenscheids Balnuweit, mit 32 Jahren im Spätherbst seiner Karriere. „Es war definitiv mein emotionalster Moment im Sport“, sagt er, „und dementsprechend wurden auch ein paar Tränen verdrückt. Es war einfach ein überwältigendes Gefühl, da mit der Deutschlandfahne zu stehen.“ Gerechnet hatte er nicht mit dem Sieg: „Die Polen waren stärker einzuschätzen, aber wir haben das im Team super gelöst und alles in die Waagschale geworfen. Wenn mir jemand vor drei Monaten gesagt hätte, dass wir Weltmeister werden, hätte ich geantwortet: Mach das Märchenbuch zu!“
Persönliches Ziel ist erreicht
Die Tränen im Stadion von Chorzów sind anderen Emotionen gewichen. „In den Tagen nach dem Titelgewinn habe ich mich dabei ertappt, wie ich einfach anfange zu lachen. Oder ich sitze mit einem breiten Grinsen auf dem Sofa“, erzählt der amtierende Deutsche Hallenmeister vom TV 01. „Mein Ziel war immer eine internationale Medaille, aber es hat bisher nicht geklappt.“ Und dann ist man auf einmal Weltmeister. Was kann danach noch kommen?
Der 32-Jährige sieht die Sache realistisch und relativ unsentimental: „Ewig geht’s nicht mehr weiter. Und auch ich frage mich: Was willst du noch erreichen?“ Nicht ausgeschlossen also, dass Balnuweit bereits nach der Sommersaison einen Schlussstrich zieht und die Spikes an den Nagel hängt. Die Leichtathletik-Europameisterschaft im kommenden Jahr in München wäre natürlich etwas, das ihn noch einmal ins Grübeln bringen könnte. Doch zunächst steht die Sommersaison 2021 im Fokus, die am ersten Juni-Wochenende mit den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig das erste Highlight bietet. Achtmal war Erik Balnuweit Deutscher Hallenmeister über 60 Meter Hürden, eine irrsinnige Bilanz. Draußen, über die 110 Meter Hürden, hat er den Titel erstaunlicherweise noch nie geholt – auch im Karriere-Spätherbst gibt es Ziele. Dann müsste der Wattenscheider mit Wohnsitz in Bad Klosterlausnitz (Thüringen) jetzt aber den derzeit stärksten deutschen Konkurrenten Gregor Traber schlagen, mit dem er in Polen zum WM-Titel gestürmt ist.
Vielleicht klappt’s ja noch mit Tokio
Und dann natürlich: die Olympischen Spiele. Den Hürdensprintern wird dafür eine Qualifikationsnorm von 13,32 Sekunden abverlangt. „Das bin ich nur ein einziges Mal gelaufen, und dann noch mit zu viel Rückenwind“, sagt Balnuweit, und es klingt weniger nach Galgenhumor als vielmehr nach einer Menge Respekt. Dennoch hofft er, mit guten Leistungen in den nächsten Wochen irgendwie in die globalen Top 40 vorzustoßen, um sich auf diesem Wege für die Tokio-Spiele zu empfehlen. Erik Balnuweit spekuliert darauf, dass der gerade errungene WM-Titel ihm hilft, zu hochwertigen Meetings mit starker Konkurrenz eingeladen zu werden. Japan würde er schon gern mitnehmen: „Olympia ist ein Highlight für alle Sportler, 2012 habe ich es ja selbst erlebt. Diesmal würde natürlich einiges fehlen – eine Eröffnungsfeier, das Deutsche Haus, die Zuschauer.“ Aber wie sagt man so schön: Dabeisein ist alles!
Bericht von Michael Ragsch
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