Nach zehn Jahren
und zwei Amtszeiten
Thomas Eiskirch – Oberbürgermeister ade
Der 31. Oktober war der letzte Arbeitstag von Thomas Eiskirch als Oberbürgermeister von Bochum. Zehn Jahre war er Chef seiner Heimatstadt.
Von Minute eins am 21. Oktober 2015 bis zur letzten Sekunde am 31. Oktober 2025 war er mittendrin statt nur dabei. War Ende 2015 nach dem Aus von Nokia und Opel die Stimmung in der Stadt noch trist und schwarz-weiß, knipste Thomas Eiskirch schnell das Farbfernsehen wieder an. Mit 55 Jahren will er nun ein neues Kapitel aufschlagen.
hallobo.life: Oberbürgermeister haben immer einen prall gefüllten Terminkalender. Wie schwierig wird das werden, nicht verplant zu sein?
Thomas Eiskirch: Bis Mitte November ist mein Terminkalender noch gut gefüllt, dann werde ich herunterfahren, Sportler würden sagen, strukturiert abtrainieren. Danach halte ich es mit dem Ruhrgebietsspruch: Erstmal nix und dann mal gucken.
hallobo.life: Schauen wir rund zehn Jahre zurück. Oktober 2015, Amtseinführung. Welche Erinnerungen haben sie noch daran?
Thomas Eiskirch: Das ist jetzt nichts, was ich täglich vor Augen habe, aber es war natürlich ein sehr schöner Moment, weil das auf der einen Seite eine tolle Aufgabe ist, die eigene Heimatstadt zu gestalten, wo man sagt: „Wow, die Aufgabe kann ich jetzt mit Leben füllen“, und gleichzeitig auch etwas Ehrfurchtvolles, weil man ja weiß: Die muss ich jetzt auch mit Leben füllen. Das ist schon eine große Verantwortung, viele neue Themen. Und wenn ich zurückdenke, dann war das Mindset dieser Stadt zu diesem Zeitpunkt ein anderes, als es heute ist.
hallobo.life: Thomas Eiskirch hat Bochum vor zehn Jahren, nach dem Aus von Nokia und Opel und der herrschenden Depression, also einen kompletten Stimmungswandel verpasst?
Thomas Eiskirch: Also erstens nicht ich allein, sondern ganz viele gemeinsam. Wir hatten ja das große Glück, dass zu dem Zeitpunkt an ganz vielen wichtigen Stellen in Bochum auch neue Leute gekommen sind. Es gab so eine Aufbruchssituation, in der ganz viele auch unvorbelastet Dinge neu angehen konnten. Und ich habe mich sehr gefreut, dass alle ihre Aufgabe ernst genommen haben, aber parallel auch immer den Blick dafür hatten, dass es eine gemeinsame Aufgabe gibt, die Bochum heißt. Wirklich ranzugehen, zu sagen: „Wir bringen uns selbst ein, wollen unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen, sie gestalten.“ Dass war schon ein Impuls in der Stadtgesellschaft, und jetzt sagen viele links und rechts, aber auch innerhalb der Stadt: „Daraus habt ihr was gemacht.“
hallobo.life: Eine Basis für Aufbruchsstimmung war die Bochum Strategie. Ein Plan, die Stadt in verschiedensten Feldern neu aufzustellen. Für eine Kommune eine schon fast revolutionäre Idee. Sind sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Thomas Eiskirch: Was daraus geworden ist, ist ungemein wichtig. Besonders wenn man eben nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft gestalten will. Dafür benötige ich ein Bild davon, wie die Zukunft aussehen sollte. Denn nur, wenn man das weiß, kann man sich überlegen, wie man dahin kommt und was man tun muss, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Deswegen bin ich ein wenig verwundert, dass augenscheinlich im kommunalen Bereich ein solch strategisches Angehen eher selten ist. Und richtig ist, es gibt eine ganze Reihe von Städten, die sich Leitbilder geben, die danach in der Schublade verschwinden. Das wollten wir mit Absicht nicht. Wir wollen die Zukunft Bochums beschreiben und konkret sagen, mit welchen Maßnahmen wir uns dahin entwickeln, und vor allem wollen wir Geld zur Seite legen, um das auch umzusetzen. Gerade der letzte Punkt ist ein sehr wichtiger – und das haben wir getan.
hallobo.life: Mit Ihnen als Oberbürgermeister kam auf einmal auch viel mehr Bürgerbeteiligung ins Rathaus. Bürgerideen, Fragestunden, Bürgerkonferenzen. Wie schwer war es, die Bochumerinnen und Bochumer ins Rathaus hineinzulassen?
Thomas Eiskirch: Ach, das weiß ich gar nicht, weil ich nicht so viel gefragt habe, ob das gewollt oder nicht gewollt ist. Für mich war klar: „Ich will mit Bürgerbeteiligung anders umgehen. Ich möchte, dass die Menschen, die Anliegen haben, auch gehört werden.“ Da, wo Menschen diese Stadt selbst mitgestalten wollen, entweder im näheren Umfeld oder auch in größeren Themen, da müssen wir ja eine Möglichkeit bieten, sie einzuladen. Und die Bürgerkonferenzen, die mehr oder minder ein Abbild der Bochumer Stadtgesellschaft waren, sind für Politik und Verwaltung eine ganz wertvolle Institution geworden. Hier kann man Ideen und Impulse sowohl mitnehmen als auch eigene Ideen mit Bochumerinnen und Bochumern besprechen. Und das hat schon viel Freude gemacht und ist auch ein, ich glaube, relativ guter Ansatzpunkt gewesen.
hallobo.life: Am Ende war die Triebfeder für viel Neues in Bochum Thomas Eiskirch. Was bleibt?
Thomas Eiskirch: Also das sind die Fragen, zu denen man sich klugerweise, wenn man aus einem Amt scheidet, nicht selbst äußert, weil das immer die Einschätzung derer ist, die dabei waren oder die danach kommen. Ich habe aber durchaus das Gefühl, dass es eine ganze Reihe von Dingen gibt, die weiter hochgeschätzt sein werden. Dazu gehören die Bochum Strategie und mit Sicherheit auch die Frage der Bürgerbeteiligung.
hallobo.life: Sie haben die letzten zehn Jahre Bochum mit so viel Intensität verändert. Ist es da einfach, sofort komplett loszulassen?
Thomas Eiskirch: Das weiß ich nicht, weil ich das noch nie gemacht habe. Eins werde ich aber sicherlich nicht machen. Kluge Ratschläge geben und da auftauchen, wo Oberbürgermeister in der Regel auftauchen. Bochum zu gestalten, heißt Verantwortung tragen, und das ist etwas ganz anderes, als von außen schlaue Ratschläge zu geben. Ich würde mich riesig freuen, wenn das noch ein paar mehr Leute beherzigen würden.


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